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Archiv für den Monat: Oktober 2016

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2015 Würzburger Silvaner trocken – VDP.Ortswein

Weingut Bürgerspital, Würzburg

Das Bürgerspital feiert heuer sein 700-jähriges Jubiläum. Grund genug um Ihnen heute wieder einmal einen Wein von diesem Weingut vorzustellen.

Genau so wie beim Weißburgunder vom Weingut Schwab, welchen ich letzte Woche an gleicher Stelle präsentiert hatte, handelt es sich um einen Würzburger Silvanersogenannten Ortswein im Rahmen der VDP-Klassifikation.

Das bedeutet: Die Trauben für diesen Silvaner-Wein können aus sämtlichen Würzburger Lagen des Bürgerspitals kommen. Da ich davon ausgehe, dass der Wein nicht angereichert wurde und er über einen Alkoholgehalt von 13,3% vol. verfügt, müssen die Trauben bei der Lese den Reifegrad einer Spätlese besessen haben. Diese Tatsache spricht für den sehr guten Jahrgang 2015 und für den hohen Qualitätsanspruch des Bürgerspitals. Freunde kräftiger, fülliger Tropfen dürfen sich möglicherweise über ein veritables Schnäppchen freuen. Freunde schlanker, straighter Weine müssen sich an anderer Stelle umsehen. Aber wenden wir uns nun dem Wein zu. Wie präsentiert er sich im Glas?

In Anbetracht des hohen Reifegrades hätte mich eine tiefere Farbe gar nicht überrascht. Aber weit gefehlt. Der Würzburger Silvaner präsentiert sich in einem hellen Strohgelb im Glas. Die Nase zeigt eine schöne reife Frucht, vermeidet aber jeglichen Anflug von Überreife. Es dominieren gelbe Töne, welche mich an Birne und Mirabelle denken lassen. Neben einer typischen Mineralität (kalkig, staubig) schwingen noch Noten von getrockneten Heublumen und Kräutern mit.

Am Gaumen wirkt er im ersten Moment relativ rund und füllig, aber spätestens beim zweiten Schluck merkt man, dass dieser Eindruck täuscht. Denn trotz der hohen Reife besitzt der Wein genug Säure, um nicht ins Breite abzugleiten. Die lebendige, aber keineswegs dominante Säure wirkt in Verbindung mit einer phenolischen Komponente (Maischestandzeit!) strukturgebend. Im Nachhall bleibt ein wunderbar herber, fast nussiger Ton am Gaumen haften. Deshalb greift meine Speisenempfehlung auch diese Note auf: eine Forelle in der Mandelkruste.

In Anbetracht des Gebotenen und des recht moderaten Preises bleibt nur noch das Schluss-Fazit: Schnäppchenverdacht bestätigt!

2015 Weißburgunder trocken – Thüngersheim – VDP.Ortswein

Weingut Schwab, Thüngersheim

Da es sich beim Weingut Schwab aus Thüngersheim um einen VDP- Mitgliedsbetrieb handelt, muss ich ein wenig ausholen, um 2015-thuengersheim-weissburg-trocken-bbzu erklären wo der heute vorgestellte Wein innerhalb der Qualitätspyramide des Verbandes deutscher Prädikatsweingüter (kurz VDP) verortet ist.

Der VDP hat für sich beziehungsweise seine Mitgliedsbetriebe eine vierstufige Qualitätspyramide eingeführt, deren Basis die sogenannten „Gutsweine“ bilden. Dies sind die einfachsten Weine ohne jegliche Herkunftsbezeichnung, abgesehen natürlich vom Anbaugebiet. Eine Stufe darüber sind die Ortsweine angesiedelt. Hier wird der Name der Gemeinde genannt aus welcher die Trauben für den jeweiligen Wein stammen. Im Burgund sind dies die sogenannten „Village“-Weine. Danach folgt die „Erste Lage“, dies sind sehr gute Einzellagen welche auch auf dem Etikett genannt werden. Im Burgund wäre die Entsprechung die „Premier Cru“-Lage. Die Spitze wird schließlich durch die „Großen Lagen“ repräsentiert. Dies sind die „Großen Gewächse“, welche aus den allerbesten, klassifiezierten Spitzenlagen stammen. Im Burgund sind dies die „Grand Crus“. Das gesamte Modell folgt dem Motto „Je enger die Herkunft(sbezeichnung), desto höher die Qualität“.
Heute stelle ich Ihnen den 2015er Thüngersheimer Weißburgunder trocken vor. Gemäß der Klassifikation handelt es sich also um einen VDP.Ortswein.

Im Glas zeigt er ein helles Strohgelb mit leichten Grünreflexen, was auf einen jungen Wein schließen lässt. Wie so oft bei noch nicht lange abgefüllten, reduktiv ausgebauten Tropfen wirkt die Nase zunächst verschlossen und erinnert ein wenig an ein abgebranntes Streichholz.
Dies stellt aber insofern kein Problem dar, als dass es nur etwas Verweildauer im Glas und entsprechender Luftzufuhr bedarf, damit diese Noten verschwinden. Allerdings sollte man, wenn sich der Wein zu öffnen beginnt, keinen tropischen Fruchtcocktail erwarten. Die Sorte Weißburgunder, gehört wie zum Beispiel der Silvaner auch, zu den „neutralen“ Rebsorten, welche keine ausgeprägten, überbordenden Fruchtnoten ihr Eigen nennen. Vielmehr begeistern Sie Ihre Anhänger durch ihre eher diskrete, harmonische Art.

So zeigt der Weißburgunder von Familie Schwab leicht pflanzlich-vegetabile Noten im Duft, welche von einer feinen Apfelfrucht begleitet werden. Da ist nichts Vorlautes oder gar Aufdringliches im Glas. Sondern vielmehr Noblesse und Zurückhaltung.

Am Gaumen bietet sich dann in stringenter Art und Weise ein ähnliches Bild. Ein feiner Säurenerv, welcher geschmacklich in Richtung Pampelmuse geht, sorgt für einen schlanken, ja distinguierten Auftritt. Die dezente Fruchtigkeit wird von zarten, zestigen Bitternoten (Marke Grapefruitschale) begleitet, was wiederum für einen lange Persistenz im Abgang sorgt. Der Wein regt den Speichelfluss mit jedem Schluck an und eignet sich somit perfekt als Essensbegleiter!

2015 Johanniter trocken *** – Deutscher Landwein

Weingut Erwin Christ, Nordheim

Nachdem ich Ihnen heute nicht zum ersten Mal einen Wein von Erwin Christ vorstelle, hier nun für alle „Neulinge“ die wichtigsten Fakten zu diesem bemerkenswerten Betrieb in aller Kürze: fränkischer Bio-Betrieb der ersten Stunde – bereits seit 1964 – Zertifizierung im Jahr 1991 – Vermarktung 2015-johanniter-schlegelsämtlicher Weine als Landwein ohne amtliche Prüfnummer – folglich keine Lagen- und keine Prädikatsbezeichnungen auf dem Etikett – intern dreistufiges Qualitäts-System – * = Basis, ** = Mittelsegment, *** = gehobenes Segment – Lagen werden durch Symbole auf dem Etikett dargestellt – Vogel für „Nordheimer Vögelein“, Kirche für „Volkacher Kirchberg“ etc….

Doch nun zu unserem heute vorzustellenden Wein. Die Sorte Johanniter gehört zu den pilzwiderstandsfähigen Rebsorten und wurde 1968 am Staatlichen Weinbauinstitut in Freiburg gekreuzt. Aufgrund ihrer erhöhten Toleranz gegen Rebkrankheiten erfreut sie sich in erster Linie bei biologisch wirtschaftenden Betrieben besonderer Beliebtheit, da der Aufwand für den Pflanzenschutz um bis zu 80% reduziert werden kann.

Der Johanniter von Erwin Christ stammt aus dem Jahrgang 2015. Das Zylinder-Symbol auf dem Etikett verrät uns, dass die Trauben in der Lage „Volkacher Ratsherr“ gewachsen sind. Mit seinen *** auf dem Etikett gehört er betriebsintern zum Top-Segment. Bei 13% Vol. Alkohol handelt es sich auch nicht gerade um ein Leichtgewicht und man kann getrost davon ausgehen, dass die Trauben bei der Ernte ein Mostgewicht hatten, welches spätlesegeeignet war. Mit 0,7 g/l Restzucker ist der Wein zudem kompromisslos trocken, aber das verwundert auch nicht weiter bei der insgesamt an den Tag gelegten Konsequenz dieses Betriebes.

Im Glas zeigt er sich mit hellgoldener Farbe. Bereits in der Nase deutet sich an, dass wir es mit einem eher kräftigen Weißwein zu tun haben. Eine vollreife, an gelbes Steinobst erinnernde Frucht lässt durchaus Assoziationen an einen Riesling aufkommen, der ja auch tatsächlich zu den Elternsorten gehört. Aber auch würzige und mineralische Noten von gelbem Tabak und nassem Ton prägen das Nasenbild.

Am Gaumen präsentiert er sich, wie bereits oben erwähnt, knalltrocken, wie fast alle Weine dieses Betriebes. Die Säure ist ausgeprägt, aber nicht aggressiv und verleiht dem Wein eine mundwässernde Art. Sie ahnen schon, was jetzt kommt. Ja, ich empfehle Ihnen diesen wunderbar unmodischen, knochentrockenen Johanniter zum Essen. Denn ursprünglich war diese Art von wirklich trockenem „Naturwein“ in erster Linie als appetitanregender, nicht schon nach dem zweiten Schluck sättigender Essensbegleiter gedacht. Meine besondere Empfehlung lautet deshalb: zum Wiener Schnitzel oder Backhendl aufmachen. Und sollten Sie mir nicht glauben, dann fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Oder die Johanniter!

Silvaner Kabinett trocken – „Alte Reben“ – Steinbacher Nonnenberg

WeinWerk A. Tully, Ebelsbach

Im Osten was Neues

Heute begeben wir uns, ganz im Sinne der geographischen Vielfalt, an die östlichen Ausläufer des fränkischen Weinbaugebietes. Seit mehr als drei Jahrzehnten baut Familie Tully, nicht weit von den Stadtgrenzen Bambergs entfernt, Wein an.

2014-nonnenberg-silvaner-kabinett-altereben-trocken-bxIn Ebelsbach, dem Sitz des Weinguts, ist der Weinbau bis in das Jahr 1335 zurückgehend belegt. Die Trauben für den heute vorgestellten Wein sind in der Lage „Steinbacher Nonnenberg“ gewachsen. Steinbach ist ein Ortsteil von Ebelsbach und beim „Nonnenberg“ handelt es sich um eine terrassierte, mit denkmalgeschützten Trockensteinmauern befestigte, historische Weinlage.

Dass hier mit viel Idealismus und Liebe zur heimatlichen Kulturlandschaft gearbeitet wird, versteht sich fast von selbst.

Die Silvaner-Trauben für unseren trockenen Kabinett stammen von über 30 Jahre alten, ertragsreduzierten Reben. Ich kann für Stamm-Leser schon vorab vermelden, dass der Silvaner von Familie Tully nichts für Freunde üppiger und kraftvoller Sortenvertreter ist.

Vielmehr präsentiert er sich ausgesprochen schlank und mineralisch. Im Glas zeigt er eine hellglänzende, strohgelbe Farbe mit leichten Grünreflexen.

Was in der Nase zunächst stark dominiert, ist eine reduktive Note, welche an eine Streichholz-Fabrik denken lässt. Das verfliegt aber mit zunehmender Belüftung im Glas und macht die Bühne frei für die fruchtigen, an Stachelbeeren und gelbe Zitrone erinnernden Komponenten.

Am Gaumen präsentiert sich der Wein schlank und präzise wie ein durchtrainierter, sehniger Athlet. Die Säure sorgt für Kontur und Definition auf der Zunge ohne aggressiv zu sein. Da ist bei 11,5% Vol. Alkohol kein Gramm Fett dran, aber trotzdem ist unser Tully-Silvaner keineswegs dünn oder karg. Im Gegenteil: eine wunderbare mineralische Würze in Verbindung mit einer phenolischen Struktur sorgt für bleibenden Geschmackseindruck beziehungsweise einen langen Nachhall.

Da wir aus meiner Sicht nicht allzu oft den vorliegenden Fall haben, hier nun mein Schluss-Fazit: ein Silvaner für Riesling-Trinker. Natürlich nicht nur, aber jenen sei der Wein besonders ans Herz gelegt. Und hier geht’s direkt zum Silvaner.