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Archiv für den Monat: August 2017

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2015 Bacchus: göttliche Auslese

Weingut Knoblach, Nordheim

Auch Götter haben es nicht immer einfach. In unserem konkreten Fall der Gott des Weines himself im Gewande der nach ihm benannten Rebsorte. Nicht alle Weinliebhaber 2780_2015-bacchus-auslese-suess-bb-500mlsind bereit, ihm zu huldigen, und pflegen ihre Ressentiments gegen den für Ihren Geschmack allzu süffig ausfallenden, parfürmiert bis aufdringlich daherkommenden Bacchus-Wein. Zu allem Unglück handelt es sich dann auch noch um eine Neuzüchtung ((Silvaner x Riesling) x Müller-Thurgau) und schon ist der Stab für alle Zeiten gebrochen über dieser für das Anbaugebiet Franken so wichtigen und wertvollen Rebsorte. Immerhin rangiert sie nach dem Müller-Thurgau und dem Silvaner an dritter Stelle der Anbaustatistik.

Zugegebenermaßen begegnet man mitunter allzu gefälligen und in ihrer anbiedernden Fruchtigkeit recht eindimensionalen Exemplaren. Aber wenn man aufgeschlossen ist und sich etwas Mühe gibt, findet man auch ganz fabelhafte Vertreter der Sorte. Sehr gute, teilweise auch knochentrockene Exemplare, können aufgrund ihres aromatischen Profils manchmal sogar an die Trendsorte Sauvignon Blanc erinnern. Aber auch im edelsüßen Bereich lassen sich echte Schätze heben. Ich erinnere mich beispielsweise noch mit Genuss an eine Trockenbeerenauslese, welche ich letztes Jahr hier vorgestellt habe.

Ganz so hoch greifen wir heute zwar nicht. Aber bei unserem aktuellen Wein handelt es sich immerhin um eine hochgradige Auslese, welche, ganz nach meinem Geschmack, eher in der traditionellen Stilistik edelsüßer Weine ausgebaut wurde. Diese beinhaltet, dass die alkoholische Gärung nicht schon bei relativ niedrigen Alkoholgraden von 7-8 % vol. gestoppt wird und entsprechend viel Restsüße erhalten bleibt, sondern der Most vergärt weiter – in unserem Fall bis 13% vol. Alkohol – und der fertige Wein ist weniger süß. In der Summe ergibt dies eine wunderbare Auslese mit weiniger Charakteristik und relativ kräftigem Körper. Die Nase bietet ein absolut berauschendes, sinnenfrohes und sortentypisches Parfum: Im Mittelpunkt steht eine „fleischige“, traubige Frucht samt Lychee-Einschlag, um welche sich, geradezu irisierend, würzige, leicht rauchige und auch florale Noten guppieren.

Im Geschmack kommt dann die von mir bereits erwähnte „alte Stilistik“ voll zum Tragen. Am Gaumen besitzt die Knoblach’sche Auslese durch ihren kräftigen Körper eine feurige Art, ohne aber brandig zu sein. Man hat wirklich das Gefühl einen Wein zu trinken und eben nicht einen Likör. Neben der traubig-würzigen Frucht (Holunderblüte) kommt im ellenlangen Nachhall eine von der Botrytis herrührende, hauchzarte Bitternote zum Tragen, welche dem Wein zusätzlich Komplexität verleiht. Auch eine gewisse, salzige Note macht sich breit, so dass mit süß, sauer, salzig und bitter sämtliche Geschmacksqualitäten vertreten sind. Und das Geheimnis liegt, wie so oft, in der Harmonie der einzelnen Komponenten begründet. Eine wunderbare, Harmonie ausstrahlende, nicht zu süße, edelsüße Auslese. – Göttlich.

 

 

2015 Grauer Burgunder trocken

Weingut Scheuring, Margetshöchheim

Ähnlich wie seine Schwestersorte, der „Weiße Burgunder“, gehört der „Graue Burgunder“ zu den besonders wertvollen und sowohl von Winzern als auch Weinlieb-GRAUERBURGUNDERhabern gleichermaßen geschätzten Ergänzungssorten. Mit gerade einmal 62 Hektar Rebfläche besiedelt er ein Prozent der gesamten fränkischen Anbaufläche. Da er ebenso wie der „Weiße Burgunder“ kaum über eine ausgeprägte Frucht verfügt und eine von mir gerne als „weinig“ bezeichnete, harmonische Grundstruktur besitzt, eignet er sich wie kaum eine andere Sorte als vielseitiger und äußerst anpassungsfähiger Speisenbegleiter. Man könnte dieses Faktum auch eher negativ auslegen und behaupten, er verfüge über wenig Eigencharakter und Typizität. Aber weit gefehlt:

Ich habe schon lange keinen so sortentypischen, charaktervollen und ausgewogenen Grauburgunder getrunken wie die 2015er Variante von Ilonka Scheuring, der Jungwinzerin des Jahres 2010/2011. Im Glas fasziniert sofort die strahlende, mit einem hellen Strohgold funkelnde Farbe. Im Duft zeigen sich, wie oben bereits angedeutet, keine präpotenten, in den Vordergrund drängenden Fruchtnoten. Das ist eher eine Nase der leisen Töne, welche aber dem genießenden Freund von Nuancen und Zwischentönen so einiges zu bieten hat. In erster Linie sind es zart ausgeprägte, eher in die würzige Richtung gehende Noten: hefige, florale aber auch nussige Töne spielen im Gleichklang. Als Frucht gesellt sich allenfalls eine Ahnung von Birne hinzu. Insgesamt empfinde ich das Nasenbild als sehr sortentypisch.

Im Geschmack ist der Scheuring’sche Grauburgunder fränkisch trocken und kommt aufgrund seiner relativ niedrigen Säure sehr rund und harmonisch an. Was mir besonders gefällt ist eine ganz feine, aufrauende Note am Gaumen, welche für Persistenz sorgt. Vermutlich hat der Wein während seiner Werdung im Keller den biologischen Säureabbau durchlaufen. Darauf deutet eine dezent laktische Note im Nachhall hin. Wenn dem so sein sollte, ist dieser Prozess – welcher bei schweizerischen Weißweinen obligatorisch ist, in unseren Breitengraden aber eher die Ausnahme darstellt – perfekt gelungen. Der Wein hat Gewicht, wirkt aber niemals schwerfällig. Was die Sache so rund macht, ist die Tatsache, dass wir es sowohl mit einem tollen Speisenbegleiter als auch mit einem perfekten Solisten zu tun haben. Ich würde, falls vorhanden, die Burgunder-Gläser aus dem Schrank holen. Und ganz wichtig: nicht zu kalt servieren. Um die 12 Grad sind ideal für meinen Geschmack.