Weingut Scheuring, Margetshöchheim
Ähnlich wie seine Schwestersorte, der „Weiße Burgunder“, gehört der „Graue Burgunder“ zu den besonders wertvollen und sowohl von Winzern als auch Weinlieb-habern gleichermaßen geschätzten Ergänzungssorten. Mit gerade einmal 62 Hektar Rebfläche besiedelt er ein Prozent der gesamten fränkischen Anbaufläche. Da er ebenso wie der „Weiße Burgunder“ kaum über eine ausgeprägte Frucht verfügt und eine von mir gerne als „weinig“ bezeichnete, harmonische Grundstruktur besitzt, eignet er sich wie kaum eine andere Sorte als vielseitiger und äußerst anpassungsfähiger Speisenbegleiter. Man könnte dieses Faktum auch eher negativ auslegen und behaupten, er verfüge über wenig Eigencharakter und Typizität. Aber weit gefehlt:
Ich habe schon lange keinen so sortentypischen, charaktervollen und ausgewogenen Grauburgunder getrunken wie die 2015er Variante von Ilonka Scheuring, der Jungwinzerin des Jahres 2010/2011. Im Glas fasziniert sofort die strahlende, mit einem hellen Strohgold funkelnde Farbe. Im Duft zeigen sich, wie oben bereits angedeutet, keine präpotenten, in den Vordergrund drängenden Fruchtnoten. Das ist eher eine Nase der leisen Töne, welche aber dem genießenden Freund von Nuancen und Zwischentönen so einiges zu bieten hat. In erster Linie sind es zart ausgeprägte, eher in die würzige Richtung gehende Noten: hefige, florale aber auch nussige Töne spielen im Gleichklang. Als Frucht gesellt sich allenfalls eine Ahnung von Birne hinzu. Insgesamt empfinde ich das Nasenbild als sehr sortentypisch.
Im Geschmack ist der Scheuring’sche Grauburgunder fränkisch trocken und kommt aufgrund seiner relativ niedrigen Säure sehr rund und harmonisch an. Was mir besonders gefällt ist eine ganz feine, aufrauende Note am Gaumen, welche für Persistenz sorgt. Vermutlich hat der Wein während seiner Werdung im Keller den biologischen Säureabbau durchlaufen. Darauf deutet eine dezent laktische Note im Nachhall hin. Wenn dem so sein sollte, ist dieser Prozess – welcher bei schweizerischen Weißweinen obligatorisch ist, in unseren Breitengraden aber eher die Ausnahme darstellt – perfekt gelungen. Der Wein hat Gewicht, wirkt aber niemals schwerfällig. Was die Sache so rund macht, ist die Tatsache, dass wir es sowohl mit einem tollen Speisenbegleiter als auch mit einem perfekten Solisten zu tun haben. Ich würde, falls vorhanden, die Burgunder-Gläser aus dem Schrank holen. Und ganz wichtig: nicht zu kalt servieren. Um die 12 Grad sind ideal für meinen Geschmack.