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2015 Tauberrettersheimer Königin – Zweigelt Spätlese trocken

Weingut Poth, Röttingen

Das Weingut Poth gehört zur relativ kleinen Schar fränkischer Winzer, welche die durch und durch österreichische Rebsorte Zweigelt kultiviert.
Sie wurde 1922 von ihrem Züchtungsvater Prof. Dr. Fritz Zweigelt an der Höheren 2015-koenigin-zweigelt-spaet-trocken-BxBundeslehr- und Versuchsanstalt Klosterneuburg aus den beiden autochthonen Elternsorten St. Laurent und Blaufränkisch gekreuzt.
In unserem Nachbarland spielt sie mit 5.000 Hektar Anbaufläche die erste Geige bei den roten Rebsorten. In Deutschland sind nur etwas über 100 Hektar mit ihr bestockt, davon stehen gerade einmal 15 Hektar in Franken.

Die Sorte besitzt einiges an Qualitätspotential und eignet sich bei guter Reife und niedrigen Erträgen auch für den Ausbau im Holzfass. Die Weine können bisweilen burgunderähnliche Züge aufweisen.

Winzerfamilie Poth aus Röttingen hat die Steilvorlage des überragenden Jahrganges 2015 genutzt und eine phantastische trockene Spätlese auf die Flasche gebracht. Mit 0,4 g/l Restzucker ist der Wein praktisch durchgegoren. Wie es sich für einen großen Rotwein gehört, wurden die Trauben ganz traditionell auf der Maische vergoren. Anschließend reifte der Wein für 18 Monate im großen Holzfass. Um präzise zu sein im Doppelstückfass (2.400 Liter Fassungsvermögen). Somit konnte eine wohldosierte Sauerstoffaufnahme durch die feinen Poren des Holzes erfolgen, ohne dass der Wein im Geschmack merklich vom Fassausbau geprägt wurde. Bei neuen Barriquefässern äußert sich dies in den typischen, teilweise röstigen Aromen (Kaffee, Schokolade, Vanille, Rauch).

Diese Neuholznoten finden sich in unserem Wein nicht. Hier dominieren in der Nase Frucht und Würze. Doch bevor ich näher auf die Aromen eingehe, noch kurz etwas zur Farbe: sie wirkt noch recht jugendlich und strahlt mit einem wunderschönen Rubingranat im Glas. Dies sind gute Anzeichen dafür, dass der Wein noch einiges an Reifepotential besitzt.

Beim ersten Schnüffeln am Glas nimmt mich der 2015er Zweigelt sogleich für sich ein. Man merkt sofort, dass es sich um einen „echten“ Rotwein handelt und nicht nur um einen roten Wein. Die Frucht ist reintönig und von faszinierender Tiefgründigkeit. Neben dem dominierenden Aroma herrlich reifer Kirschen (Schattenmorellen) nehme ich auch noch etwas Zwetschge wahr. Die strahlende Frucht wird von einer hintergründigen, an gelben Tabak erinnernden Note begleitet.

Am Gaumen präsentiert sich diese tolle Spätlese absolut trocken. Die Säure entfaltet sich ganz dezent und verleiht dem Wein eine schöne Frische im Trunk. Die ultrafeinen Gerbstoffe besitzen die Anmutung eines Samtteppichs und lassen den Wein seidig über die Zunge gleiten. Das ist Harmonie und Finesse pur. Im Nachhall kommt dann noch eine zweigelttypische, leicht pfeffrige Würze zum Tragen. Was für ein toller Rotwein. Und das für schlappe acht Euro irgendwas. Probieren Sie Ihr Glück mal im Burgund für das gleiche Geld. Ein aussichtsloses Unterfangen. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Glück, zugegebenermaßen über den Umweg einer österreichischen Sorte, so nah liegt?