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Archiv für den Monat: September 2020

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2019 „Frank & Frei“ Müller-Thurgau trocken

Weingut Huller, Triefenstein

Nachdem momentan der bevorstehende Herbst von einem goldenen Spätsommer angekündigt wird, möchte ich noch einmal die sich bietende Gelegenheit nutzen und einen herrlich frischen, eher leichten Weißwein vorstellen.

Für diesen Anlass eignet sich kaum ein Wein besser als ein trockener Müller-Thurgau von einem der Mitgliedsbetriebe der Winzervereinigung „Frank & Frei“. Ist man doch Mitte der 1990er Jahre von Seiten dieser Gruppierung angetreten, das arg ramponierte Image der Sorte gründlich aufzupolieren. Der Müller beanspruchte damals mehr als die Hälfte der fränkischen Rebfläche und galt vielen Weintrinkern als Massenträger, welcher überwiegend zu belanglosen Literflaschenweinen verarbeitet wurde. Und an diesem (Vor-)Urteil war leider auch etwas dran, wie man ehrlicherweise konzedieren muss.

Der Beweis, dass man der Sorte damit Unrecht tut bzw. tat, ist längst erbracht. Und dieser Verdienst gebührt zu einem nicht geringen Anteil der Frank-&-Frei-Gruppierung. Legte man sich doch damals – was heute natürlich nach wie vor gilt – freiwillig entsprechend strenge Regeln auf. An erster Stelle sind hier rigorose Mengenbegrenzungen zu nennen. Weiterhin wurde ein Korridor festgelegt, wie der Ausbau der Weine zu erfolgen hat, damit er einem definierten Geschmacksprofil entspricht. Die Weine wurden und werden entsprechenden blind von allen beteiligten Winzern verkostet, bevor sie unter dem Label „Frank & Frei“ vermarktet werden dürfen.

Michael Huller aus Triefenstein liefert mit seinem trockenen 2019er Müller-Thurgau „Frank & Frei“ quasi den Prototyp eines modernen Sortenvertreters. Fruchtig (reifer Apfel, etwas Ananas), aber nicht zu „knallig“ in der Nase. Der Wein verbreitet eine unheimliche Frische, spontan fühle ich mich an eine Frühlingswiese nach einem Regenschauer erinnert. Zu den fruchtigen und floral-frühlingshaften Noten gesellen sich aber auch noch hefig-mineralische Akzente.

Am Gaumen präsentiert er sich schön trocken mit einer (trink)animierenden, aber harmonisch reifen Säure. Im Nachhall dominieren Frucht und Würze begleitet von einer herben, leicht phenolischen Note. Wie ein Biss in einen saftig-reifen Apfel alter Provenienz. Sie wissen, was ich meine. Nicht die weichgespülten Supermarktsorten von heute. Sondern die mit Säure und Biss, wo saftige Frucht, lebendige Säure und feine Gerbstoffe Ping-Pong spielen am Gaumen.
So geht Müller im 21. Jahrhundert.

2018er Röttinger Feuerstein Tauberschwarz

Weingut Poth, Röttingen

Darf ich vorstellen? Die wenigsten unter Ihnen dürften die vor einigen Jahrzehnten noch als ausgestorben angenommene autochthone Rebsorte Tauberschwarz kennen. Ihr Name zeugt bereits von Ihrer regionalen Herkunft und tatsächlich ist ihr Verbreitungsgebiet nach Ihrer Wiederentdeckung und -belebung in den Jahrzehnten nach 1960 auf die Region entlang der Tauber vom fränkischen Röttingen über Weikersheim in Württemberg bis nach Lauda-Königshofen und Beckstein im Badischen begrenzt geblieben. Mit gerade einmal 12 Hektar Anbaufläche gehört die Sorte zu den absoluten Raritäten und Spezialitäten. So mag es auch kaum verwundern, dass der Tauberschwarz von der Vereinigung Slow Food in ihre „Arche des Geschmacks“ aufgenommen wurde.

Das Weingut Poth aus Röttingen ist aufgrund seiner geographischen Situation geradezu prädestiniert, das Banner dieser historischen Rebe hochzuhalten. Sein 2018er Tauberschwarz aus der bekannten Lage „Röttinger Feuerstein“ zeigt exemplarisch auf, wofür die Sorte steht, da er alle drei genannten Kriterien in sich vereint:

Helle bis mittlere Farbe: In Anbetracht der Namensgebung könnte man ja durchaus einen tiefdunklen Rotwein erwarten. Da der Tauberschwarz eine dünne Beerenhaut hat, in der wenig Farbstoffe gebildet und eingelagert werden, sind seine Weine aber eher von hellroter Farbe.
Rotbeerige, eher säuerliche Fruchtanmutung: Besonders typisch ist eine ausgeprägte Kirschfrucht.
Zartbittere Geschmackseindrücke am Gaumen bzw. im Nachhall.

Farblich überzeugt unser 2018er Tauberschwarz durch ein strahlendes Purpurrot mittlerer Tiefe mit zarten Wasserrändern. Die Nase wird geprägt durch eine reintönige Kirschfrucht (Weichsel), welche durch feine Anklänge nach Kräutern und rauchige Noten ergänzt wird.

Insgesamt entsteht der Eindruck eines nordischen, eher kühl und straff gewirkten Rotweins.

Die Eindruck wird dann auch am Gaumen mit dem ersten Schluck prompt bestätigt. Der Wein hat eine präzise, feine Säure, welche ihm eine eher schlanke Anmutung verleiht. Die Tannine sind sehr feinkörnig und werden sowohl von der Säure als auch den so sortentypischen (Zart)Bitternoten überlagert. Die Frucht spielt am Gaumen eigentlich nur die zweite Geige. Im Gegensatz zur Nase mit ihren dominanten Weichselnoten kommt am Gaumen zusätzlich eine schöne Brombeernote zum Tragen.

Wir haben es hier mit einem ganz traditionell maischevergorenen, wirklich trockenen Rotwein zu tun. Charaktervoll, eigenständig und rar ist er allemal. Preislich kann man auch nicht meckern. Der ansonsten so gerne aufgeschlagene Exoten- bzw. Raritätenbonus ist hier entfallen.