Home » Allgemein » 2018 Thüngersheimer Johannisberg Rieslaner Spätlese lieblich

Archive

2018 Thüngersheimer Johannisberg Rieslaner Spätlese lieblich

Weingut Schmitt, Bergtheim

Heute präsentiere ich Ihnen den ersten einer Reihe von über das ganze Jahr verteilten Rieslaner-Weinen. Immerhin feiert die Sorte dieses Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum. Ganz im Sinne der olympischen Spiele möchte ich geradezu ausrufen „Let the Rieslaner-Games begin“! Unter qualitativen Gesichtspunkten dazu imstande, höchste Höhen zu erklimmen, also quasi den Olymp zu besteigen, hat sich die Sorte leider diesbezüglich nie auf breiter Front durchgesetzt.

In ganz Deutschland beansprucht sie gerade einmal gut 80 Hektar Rebfläche. Hiervon entfällt knapp die Hälfte auf ihre fränkische Heimat, wo die Sorte 1921 von Oekonomierat Dr. August Ziegler (1885-1937) an der Bayerischen Landesanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Veitshöchheim aus Silvaner x Riesling gekreuzt wurde.

Als August Ziegler 1937 mit lediglich 51 Jahren verstarb, sah alles danach aus, dass der von ihm mit der Zuchtnummer NI 11-17 versehene Sämling aussterben würde. Zum Glück veranlasste August Ziegler damals, dass seine Neuzüchtung nicht nur auf den Versuchsflächen der Landesanstalt in Veitshöchheim in der Lage „Roßberg“ gepflanzt wurde, sondern auch 400 Reben in einer Parzelle der Lage „Randersackerer Sonnenstuhl“ des Winzers Bruno Schmitt. Die Trauben wurden allerdings über die Jahre hinweg immer mit der Ernte einer angrenzenden Riesling-Parzelle zusammen gekeltert. Erst ab 1952 wurde der Ernteertrag der Rieslaner-Stöcke auf Wunsch eines Kellermeisters des Staatlichen Hofkellers in Würzburg separat ausgebaut. Damals hieß die Sorte, welche 1957 ihre offizielle Zulassung erhielt, übrigens noch Mainriesling.

Gleich der erste sortenrein vinifizierte Mainriesling sorgte für großes Aufsehen, als er im Jahr 1954 bei der Deutschen Weinprämierung in Mainz Bundessieger wurde, und lenkte die Aufmerksamkeit der Winzerschaft auf die Qualitätssorte.

Das Weingut Schmitt aus Bergtheim hat mit seiner lieblichen Rieslaner Spätlese aus dem Jahrgang 2018 ein echtes Prachtexemplar der Sorte im Programm. Die Reben stehen in der bekannten Lage „Thüngersheimer Johannisberg“ nicht weit entfernt vom „Geburtsort“ der Sorte Veitshöchheim.

Im Glas zeigt die Spätlese noch eine jugendlich anmutende, strohgelbe Farbe mit zarten Grünreflexen. Bei aller Fruchtigkeit weist die Nase eine wunderbar würzige, ja fast schon pikante Note auf. Gleichberechtigt mit der herrlichen, an reife Aprikosen erinnernden Frucht spielt eine leicht scharfe Ingwernote in der Nase die erste Geige.

Am Gaumen tritt in erster Linie die rieslanertypische, vom Riesling-Elter herrührende Säure in Erscheinung. In ihrer rassig-lebendigen Art hält sie die Restsüße geschmacklich in Schach und sorgt für einen eher halbtrockenen Eindruck auf der Zunge. Im Nachhall dominieren Zitrusfruchtnoten, welche mich vor allem an Limette denken lassen. Durch das Wechselspiel von Restsüße und vifer Säure entsteht ein filigraner Gaumenauftritt, welcher für einen eigentlich lieblichen Wein enorm elegant ist. Als Begleiter zum Dessert ist diese Rieslaner Spätlese nicht süß genug. Aber als Solitär genossen, vermag er mit jedem Schluck ein Lächeln in das Gesicht des Genießers zu zaubern. Zumal, wenn es sich um einen bekennenden Rieslaner-Fan handelt.