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Silvaner zur Spargelzeit

Mea culpa. Im letzten Jahr habe ich die vinologische Begleitung der Spargelsaison etwas verschlafen und erst Ende Mai / Anfang Juni ein Paket mit drei Silvaner-Weinen empfohlen.

Um diesen Lapsus wiedergutzumachen, stelle ich Ihnen heute gleich zum Auftakt der bayerischen Spargelsaison, welche Anfang der Woche offiziell in Grettstadt im Landkreis Schweinfurt eröffnet wurde, ein Paket mit drei tollen Silvaner-Weinen vor.

Es gibt in der Welt der Kulinarik unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten von Wein und Speisen. Aber nur relativ wenige sogenannte „Perfect Matches“, also ideale Kombinationen.

Eine davon ist meiner bescheidenen Meinung nach jene von möglichst frisch gestochenem, leicht bissfest gegartem Spargel und fränkischem Silvaner. Viel mehr braucht es nicht, außer vielleicht noch ein paar Salzkartoffeln und einen guten Schinken oder ein Kalbsschnitzelchen als Begleiter dazu.

Alle drei Weine aus diesem Paket sind kräftige, vollmundige Sortenvertreter und wären wahrscheinlich problemlos auch als trockene Spätlese durchgegangen, hätten die Winzer darauf abgezielt, sie als solche in die Qualitätsweinprüfung zu schicken und anschließend zu vermarkten.

2019 Volkacher Ratsherr Silvaner Kabinett trocken

Weingut Kirch, Fahr a. M.

Der Silvaner aus der bekannten Lage „Ratsherr“ besitzt eine strahlend strohgelbe Farbe mit leichten Grünreflexen.

In der Nase präsentiert er sich sowohl klassisch mit reifen, gelbfruchtigen Aromen und mit einer Tendenz zur Fülle als auch frisch und mit einem modernen Touch. Für die Frische sorgt eine gewisse pikante Note, welche an Stachelbeere und Brausestäbchen erinnert. Dies spricht für eine kühle Vergärung und eher moderne Ausbauweise. Aber gleichzeitig finde ich auch reife, gelbfruchtige Anklänge nach Quitte und Banane im Duft.

Wo er sich in der Nase möglicherweise ein klein wenig mit der silvanertypischen Erdigkeit und Mineralität zurückhält, holt er es am Gaumen dafür nach.
Ein Wein zum Kauen, der sich selbstbewusst mit Ecken und Kanten zeigt. Eine leicht aufrauende Mineralität verleiht ihm herbe Züge. Anklänge von nassem Ton finden sich genauso wie eine expressive, an Gesteinsmehl erinnernde, Mineralität. Eine ausgeprägte Zitrusnote sorgt für „Schmackes“ und macht Lust auf den nächsten Schluck. So etwas nennt man glaube ich Trinkanimation.

2019 Randersackerer Sonnenstuhl Silvaner Kabinett trocken „Am Turm“

Weingut Stefan Bardorf, Randersacker

Winzer Stefan Bardorf gehört mittlerweile zu den von verschiedensten Seiten regelmäßig, auch international, ausgezeichneten Betrieben in Franken. Sein besonderes Kapital ist sein eindrucksvolles Lagen-Portfolio mit Parzellen u. a. in den Randersackerer Top-Lagen „Sonnenstuhl“, „Teufelskeller“ und „Marsberg“.

Der trockene Silvaner aus diesem Paket stammt aus der Spitzenlage „Sonnenstuhl“. Die Trauben für den Wein stammen aus einer Parzelle, welche in der Nähe des weithin sichtbaren, im Volksmund sogenannten „Kartoffelturms“ liegt. Deshalb der Zusatz „Am Turm“ auf dem Etikett.

Beim Schnuppern am Glas ist der erste Gedanke „Wow, das ist Silvaner in Reinkultur“.
Den Fruchtkern, den Mittelpunkt des Nasenauftritts, bildet eine traumhaft schöne, reife Birnennote. Diese wird umweht von einer Frische verleihenden, frühlingshaft anmutenden, floralen Komponente. Beinahe wie ein Gang über eine saftig grüne mit blühenden Blumen übersäte Frühlingswiese. Mit der Zeit entfaltet sich noch eine zarte Würze, welche aber nicht zu sehr ins Erdige tendiert, sondern eher an Walnusshaut erinnert.

Am Gaumen greift der Wein die gelbfruchtige, an Birne erinnernde Note aus der Nase auch geschmacklich auf. Die Säure ist reif und sorgt für einen runden, harmonischen Auftritt. Wenn sich überhaupt Zitrusnoten zeigen, dann handelt es sich nur um einen ganz kleinen „Spritzer“.

2018 Randersackerer Pfülben Silvaner trocken „Roots“

Weingut Martin Göbel, Randersacker

Der Silvaner vom Weingut Martin Göbel hat als 2018er Jahrgang gegenüber den beiden anderen Weinen einen Reifevorsprung von einem Jahr. Dies erklärt auch seine im Vergleich kräftigere, strohgelbe, fast schon in Richtung Goldgelb tendierende Farbe.

Lagentechnisch könnte der Wein keine besseren Voraussetzungen mitbringen. Immerhin handelt es sich beim „Randersackerer Pfülben“ um eine der fränkischen Spitzenlagen schlechthin.

In der Nase mischen sich unter die fruchtigen Anklänge von rotem Apfel und Quittenbrot erste Reifenoten, welche die Komplexität steigern und den Silvaner aus der „Roots“ genannten Linie deutlich von den beiden anderen Weinen unterscheidet. Er besitzt eine Anmutung von Reife und Fülle, wie ich sie sehr schätze.

Am Gaumen präsentiert er sich trotz analytisch strammer Säure von 7,2 g/l, die aber paradoxerweise geschmacklich gar nicht so rüberkommt, harmonisch und rund. Fast möchte man sagen „ein Maul voll Wein“. Echte Trockentrinker dürfte er mit seinen lediglich 1,1 g/l Restzucker außerdem zu begeistern wissen. Im langen Abgang bleibt eine nussige Note stehen, welche bei aller Typizität, zusammen mit den anderen Eigenschaften wie Reife und Fülle, in eine andere Richtung weist. Ein faszinierender Silvaner mit fast schon burgundischen Dimensionen.

Drei ganz unterschiedliche Silvaner-Weine, welche auf genussvolle Art die Vielfalt der Rebsorte widerspiegeln und perfekt in die gerade beginnende Spargelzeit passen. Genießer-Herz was willst Du mehr.

Eine Weinexpertise von unserem Weinfachberater Christian Büttner