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2021 Volkacher Ratsherr Rieslaner Kabinett

Weingut Kirch – Nordheim a. Main

Vor fünf Jahren stand an Ort und Stelle geschrieben: „Dem Rieslaner, einem potenziellen Anwärter auf den Reben-Thron, wird von Deutschlands Winzern die Gefolgschaft versagt. 1921 von August Ziegler an der bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim aus den Elternsorten Silvaner und Riesling gekreuzt, handelt es sich im Prinzip um ein autochthones fränkisches Gewächs. Aber gerade einmal 34 Hektar sind noch mit dieser famosen, früher „Mainriesling“ genannten Sorte bestockt. Tendenz fallend.“

Trotz des 100-jährigen Jubiläums im letzten Jahr ist keine Trendwende in Sicht. Die Sorte schafft mit Ach und Krach noch die 30 Hektar in ihrer fränkischen Heimat. Laut aktueller Statistik (Stand: 31.07.2021) sind es 30,4 Hektar. Soweit zur traurigen Chronistenpflicht. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Möglicherweise stabilisiert sich das Ganze ab einem gewissen Zeitpunkt, ähnlich wie beim Traminer, auf einem zugegebenermaßen niedrigen, aber konstanten Niveau. Zu wünschen wäre es dieser tollen Sorte allemal.

In der Zwischenzeit können sich alle „Eingeweihten“ an so eigenständigen, qualitativ hochwertigen Weinen wie dem restsüßen Rieslaner Kabinett vom Weingut Kirch erfreuen. Eigentlich gilt beim Rieslaner die Devise „ab Spätlese aufwärts beginnt der Spaß“. Aber zum einen bestätigen Ausnahmen bekanntlich die Regel und zum anderen handelt es sich im Prinzip um eine tiefgestapelte Spätlese. Betrachtet man die beiden Werte Alkoholgehalt und natürlichen Restzucker des Weines, so dürften die Trauben bei der Lese so um die 95° Oechsle gehabt haben. Die Kategorie Spätlese beginnt bei 90°. QED.

Doch wie präsentiert sich unser thronloser König im Glas? Grandios, wie ich finde. Einen besseren Sommerwein mit viel Anspruch und Tiefgang kann ich mir kaum vorstellen.

Im Glas präsentiert sich der Wein mit hellem Strohgelb. Zarte Grünreflexe signalisieren, dass wir es mit einem Gewächs im Jugendstadium zu tun haben. Der verführerische Duft ist nicht, wie sonst so oft beim Rieslaner, von exotischen Fruchtnoten geprägt, sondern in unserem Fall eher von Anklängen nach reifer Birne, Honigmelone und etwas weißer Johannisbeere.

Die Nase stellt im Prinzip schon die reine Verführung dar. Aber so richtig geht die Post dann am Gaumen ab. Welche eine Rasse, welch eine Noblesse. So wie man sich einen echten Aristokraten vorstellt. Die 21 g/l Restzucker katapultieren den Wein zwar offiziell in die Kategorie der lieblichen Weine, aber in unserem Fall schmeckt der Rieslaner Kabinett von Familie Kirch halbtrocken, da die animierende, geradezu rassige Säure den Restzucker „auffrisst“ oder kaschiert, könnte man auch sagen. Die quicklebendige, frische Art sorgt unweigerlich dafür, dass die Hand schneller zum Glas geht als man vielleicht möchte. Im langen Nachhall stellt sich schließlich eine zestige Limettennote ein, welche für einen grandiosen, zartbitteren Abschluss sorgt.

Und das Beste kommt selbstredend zum Schluss. Der Preis: Weniger als 8 Euro für solch eine herausragende Qualität ist in der heutigen Zeit einfach nur als konsumentenfreundlich zu bezeichnen.