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2018 Rieslaner Spätlese – Wiesenbronner Wachhügel

Weingut Hüßner, Wiesenbronn

Der eine oder andere unter den regelmäßigen Lesern mag vielleicht denken: Oje, schon wieder ein Rieslaner. Aber ich bekenne mich freimütig zu meiner „Schwäche“ für 2018-wachhuegel-rieslaner-spaet-Bxausgefallene, unbekannte, seltene, vergessene oder auch unterschätzte Rebsorten.

Und um diesen ein wenig mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, stelle hier regelmäßig, um nicht zu sagen überproportional häufig, Weine aus ebensolchen Rebsorten vor. Hierzu gehören unter anderem Traminer bzw. Gewürztraminer, Blauer Silvaner, Muskateller, Tauberschwarz, Zweigelt oder auch der „Mainriesling“, heute (besser) als Rieslaner bekannt.

Familie Hüßner hat eine formidable Spätlese aus der Lage „Wiesenbronner Wachhügel“im Programm, die ich Ihnen heute gerne vorstellen möchte.

Der Wein stammt aus dem Jahrgang 2018. Wir alle erinnern uns an den heißen, trockenen Sommer, welcher im Durchschnitt zu hohen Reifegraden der Trauben führte. So ist mir beispielsweise ein trockener Rieslanerwein mit 16,5 % Vol. Alkoholgehalt begegnet. Davon ist unser „Wein der Woche“ dann doch ein ganzes Stück entfernt.

Mit 13 % Vol. Alkohol und knapp 20 g/l Restzucker haben wir es mit einer – für fränkische Verhältnisse – ganz klassischen restsüßen Spätlese zu tun. An der Mosel oder im Rheingau sieht das etwas anders aus. Dort wäre der Alkoholgehalt im einstelligen Bereich und der Restzucker, je nach Jahrgang und Winzer, zwischen 50 und 100 g/l.

Im Glas zeigt die 2018er Spätlese eine wunderbar strahlende, strohgoldene Farbe. Die Nase bietet ein ganzen Früchtekorb dar. Allerdings nicht so sehr in Richtung Mango und/oder Maracuja, wie es gerne beim Rieslaner vorkommt, sondern in Richtung Agrumen/Zitrusfrüchte. Ein ganzes Potpourri aus Zitrone, Limette, Grapefruit, Pomelo, Kumquat und Tangerine bietet sich dem Riechorgan des geneigten Genießers dar.
Trotz des heißen Jahrgangs hat es der Winzer geschafft, dem Wein Rasse und aromatische Frische zu bewahren.

Dieser Eindruck setzt sich auch am Gaumen fort, wo die aus der Nase gewonnenen Eindrücke ihre Bestätigung finden. Die Spätlese von Thomas Hüßner mutet sensorisch keineswegs süß an. Vielmehr entsteht im Zusammenspiel von dezenter Restsüße und reifer Säure ein harmonischer, lebendiger Gaumenauftritt mit feinrassiger Anmutung. Geschmacklich treten vor allem gelbe und grüne Zitrusfrüchte (Limette, Zitrone, Pomelo) in Erscheinung. Begleitet wird das Ganze von feinen Bitternoten, welche an (Schalen-)Zesten der genannten Früchte erinnern. Eine wunderbare Spätlese aus einer Rebsorte, welche zu wertvoll ist, um sie dem Vergessen preis zu geben. Deswegen gilt bei mir: Rieslaner rules!

2017 Cabernet Blanc trocken

Weingut Apfelbacher Georg

Cabernet blanc liegt – vor allem bei Bio-Winzern – im Trend und zeigte in den vergangenen Jahren den größten Zuwachs unter den pilztoleranten Rebsorten in 2017-blanc-trocken-Bg.pngDeutschland, Luxemburg, Belgien, Österreich, Tschechien, Frankreich, Italien, den Niederlande und England.

Die Herzen der Weintrinker erobert er vor allem mit seiner intensiven, aromatischen Art. Wer Scheurebe, Bacchus, Muskateller und Sauvignon Blanc mag, sollte durchaus einmal zu einemCabernet Blancgreifen. Zum ersten Mal habe ich vor vielen Jahren von der Sorte gehört respektive gelesen, als der berühmte englische Weinkritiker Stuart Pigott voll des Lobes für eine Cabernet Blanc-Spätlese aus Württemberg war.

Unsere fränkische Version vom Weingut Apfelbacher muss sich keinesfalls verstecken.
Die Nase erinnert an einen guten neuseeländischen Sauvignon Blanc. Die Nase ist unheimlich expressiv mit Noten von reifer Maracuja, gelber und roter Paprika und frischen Wiesenkräutern. Wir haben es von der Aromatik her definitiv mit einem Wein aus vollreifen Trauben zu tun. Wären die Trauben bei mittlerer oder knapper Reife gelesen worden, würden eher vegetabile und würzige Noten von grünem Gras, Stachelbeere, Artischocke und schwarzer Johannisbeere dominieren.

Am Gaumen ist unser Exot absolut trocken. Seine durchaus beachtliche Säure ist bestens in den Extrakt eingebettet. Geschmacklich verhält es sich so, dass die würzigen Eindrücke auf Zunge und Gaumen die Säure fast etwas in den Hintergrund drängen. In dieser Form habe ich das bisher selten erlebt. Normalerweise bahnt sich die Säure zuerst ihren Weg und dann treten nachgeordnet fruchtige und würzige Noten in Erscheinung. Hier verhält es sich genau umgekehrt. Ein faszinierender Wein! Toll, diese überwältigende Würze am Gaumen.
Kulinarisch sicher ein toller Begleiter zu einem Salatteller mit roten und gelben Paprikastreifen und gebratenen, asiatisch marinierten Hähnchenbruststreifen. Auch Ziegenkäse in den verschiedensten Reifestufen dürfte gut passen.

Sommeracher Katzenkopf – 2016 Silvaner Auslese

Weingut Reichert, Nordheim

Jetzt in der Vorweihnachtszeit darf es ruhig wieder einmal etwas Edelsüßes sein. Auch 2016-silvaner-auslese-schlegelwenn Süßweine ein absolutes Nischenprodukt sind, so möchte ich Ihnen zumindest zwei- oder dreimal im Jahr etwas aus dieser Geschmacksrichtung anbieten bzw. vorstellen. Das Paradoxe ist ja, dass diese Weine im Ausland in höchstem Maße geschätzt werden, nur im eigenen Land gilt der Prophet bekanntermaßen wenig.

Betrachtet man die Qualität und noch dazu den aufgerufenen Preis, so kann sich jeder Weinliebhaber und Genießer eigentlich nur ins Fäustchen lachen. Eine hochgradige Auslese von phantastischer Qualität, nahe der Grenze zur Beerenauslese, in der Halbliterflasche für weniger als 10 Euro. Um die „Hemmschwelle“ etwas zu senken und mögliche Berührungsängste abzubauen, werde ich auch einige konkrete Tipps zur Kombination mit Speisen geben. Obwohl der Wein für sich genossen schon eine herrliche Leckerei ist.

Bereits die strahlend goldgelbe Farbe zeigt an, dass wir es mit einem besonderen Tropfen zu tun haben. Die Nase ist einfach eine Wucht. Das, was sonst eine reife Silvaner Spätlese ausmacht, finden wir hier noch konzentrierter. Fruchtige Aromen von Birne und Quitte, aber in eingekochter und kandierter Form. Quittenbrot und Birnendicksaft sind Assoziationen, welche mir in den Sinn kommen. Auch etwas kandierte Mandarine schwingt mit. Und im Hintergrund ist sogar noch die typische erdige Würze des Silvaners vorhanden.

Am Gaumen glänzt die Silvaner Auslese durch große Harmonie und Ausgewogenheit. Feinste Honigaromen und der Geschmack von Quittenbrot betören den Gaumen. Die Süße ist ausgeprägt und präsent, aber nicht klebrig. Man hat Lust auf den nächsten Schluck. Bei 11 % Vol. Alkohol hat man auch das Gefühl, einen Wein zu trinken. Bei extrem konzentrierten Süßweinen wie Trockenbeerenauslesen oder Eisweinen kann man schon einmal das Gefühl haben, Sirup zu sich zu nehmen. Hier jedoch keineswegs.

Dies ist ein Süßwein, welcher ideal zu bestimmten Käsesorten in Kombination mit fruchtigen Beilagen passt. So habe ich diesen Wein mit großem Genuss zu einem Stück Taleggio mit Birnenscheiben und einer Scheibe Bauernbrot kombiniert. Auch Gorgonzola oder ein Fourme d’Ambert passen hervorragend.

Passend zur Jahreszeit gäbe die Reichelt’sche Silvaner Auslese ebenfalls einen tollen Begleiter zu zahlreichen Plätzchensorten aus der Weihnachtsbäckerei ab. Und wer es klassisch fränkisch liebt, trinkt ihn zu Kartäuserklößen mit Weinschaumsoße. Dass ein Teil des Flascheninhalts in die begleitende Soße wandert, versteht sich ja wohl von selbst. Das Thema möglichst billigen Kochweins überlassen wir anderen. Der Kenner schweigt und genießt.

2018 Domina Qualitätswein halbtrocken

Winzerhof Schick, Zeil am Main

Eine Bemerkung vorweg: Lassen Sie sich bitte nicht durch die Bezeichnung „halbtrocken“ abschrecken oder irritieren. Ja, dieser Vertreter aus der fränkischen Hauptsorte für Rotweine hat ein paar Gramm Restzucker. Um genau zu sein, acht. Das ist 2018-domina-schlegelimmer noch ein Gramm weniger, als es das Weingesetz für die Bezeichnung trocken erlaubt. Da das Ganze aber immer in Abhängigkeit zur Säure gilt – die Formel lautet Säure in g/l +2 = max. Restzuckergehalt in g/l – darf unser „Wein der Woche“ nicht die Bezeichnung „trocken“ tragen. Die absolute Grenze für trockene Weine, unabhängig von der Säure, liegt bei 9 g/l Restzucker.

Die 2018er Domina vom Winzerhof Schick hat 5g/l Säure, das heißt, nach obiger Formel dürfte er maximal 7 g/l Restzucker aufweisen, um sich trocken zu nennen. Wir liegen also genau ein Gramm über der Grenze. Deshalb schmeckt der Wein aber noch lange nicht halbtrocken. Wir haben es mit einem Wein zu tun, welcher sensorisch noch weitgehend trocken schmeckt, aber eben nicht knochentrocken. So viel zur besseren Einordnung des Weines. Doch was hat er visuell, olfaktorisch und geschmacklich zu bieten?

Im Glas präsentiert er sich in strahlend klarem, mittleren Purpurrot. Die Nase ist ganz auf der fruchtigen Seite und betört in erster Linie durch mannigfaltige Kirscharomen: getrocknete Kirschen, Kirsch-Gelee, Kirsch-Joghurt und Kaubonbons, um ein paar zu benennen. Das hat in seiner hedonistischen Fruchtigkeit schon fast etwas von einem guten Beaujolais. Der Wein ist mit Sicherheit im Stahltank ausgebaut, ohne jeglichen Einfluss vom Holzfass.

Am Gaumen bleibt er trotz seiner 13% Vol. Alkohol auf der trinkigen und mittelkräftigen Seite. Der Wein gleitet seidenweich über die Zunge. Die Tannine sind ultrafein und poliert. Im Zusammenspiel mit der eleganten Säure und einer kaum spürbaren Bitterkomponente (Lakritze) stellt sich eine wunderbare „Süffigkeit“ ein. Diese wird durch die dezente Restsüße noch zusätzlich unterstützt, da die Frucht nochmals betont wird. Auch am Gaumen schlägt die Kirsche voll durch. Allerdings um feine Gewürznoten ergänzt. Erinnert mich sogar etwas an die leckeren Glühweinbonbons vom Weihnachtsmarkt. Das ist durchaus als Kompliment gemeint.

Ein herrlicher Rotwein zum Schöppeln. Fruchtig, aber nicht süß. Kein Leichtgewicht, aber auch nicht zu konzentriert. Harmonisch, aber nicht langweilig.

2017 Pinot Grigio trocken: Von wegen früher war alles besser

Weinbau Lother, Wipfeld

Nachfolgende Szene in einem Restaurant könnte sich irgendwo in Deutschland wie folgt abgespielt haben:

2017-pinotgrigio-trocken-BxKellner: Ich empfehle Ihnen zu Ihrem Hauptgang unseren Grauburgunder aus Baden. Der hat genügend Rückgrat, um die sahnige Soße zu begleiten und mit seiner unaufdringlichen, dezent fruchtigen Art schmeckt er auch solo ganz hervorragend.

Gast: Nein, danke. Ich trinke keine deutschen Weine. Im Urlaub in Italien trinken wir immer Pinot Grigio. Den mag ich. Haben Sie so einen auch auf der Karte?

Kellner (verdattert): Ja, ja, aber … das ist doch genau die gleiche Rebsorte. Ich kann Ihnen unseren Grauburgunder nur wärmstens …

Gast (ungehalten): Haben Sie nun einen Pinot Grigio oder nicht?

Kellner: Sehr wohl.

Kellner verschwindet, schenkt aus der 2-Liter-Flasche ein Glas Pinot Grigio ein und serviert es dem Gast. Gast ist zufrieden und ordert später noch ein zweites Glas.

Kellner serviert nun (heimlich) den deutschen Grauburgunder. Gast merkt den Unterschied und spricht den Kellner darauf an.

Gast: Herr Ober, das ist ein anderer Wein als beim ersten Glas. Der ist viel besser, so kenne ich meinen Pinot Grigio. Sie müssen mir vorher den falschen Wein serviert haben.

Kellner (lächelt süffisant): Da muss mir wohl ein Fehler unterlaufen sein. Bitte entschuldigen Sie vielmals. Das erste Glas wird natürlich nicht berechnet.

So oder so ähnlich, natürlich nur im übertragenen Sinn, könnte sich diese von mir erdachte Szene in den 1990er-Jahren in vielen deutschen Gasthäusern abgespielt haben. Der Prophet zählt im eigenen Lande bekanntlich wenig und die italophilen Deutschen surften auf der Pinot-Grigio-Welle. Die meisten italienischen Weine dieser Rebsorte waren billig produzierte identitätslose Massenweine und taugten nicht viel mehr als zum Herunterspülen von Pasta und Pizza. Obwohl viele deutsche Grauburgunder diesen Weinen teilweise haushoch überlegen waren, wollte ein Großteil der Weintrinker hierzulande nichts von ihnen wissen. Mit Italien verband man Urlaubserinnerungen und La Dolce Vita. Da musste so etwas Profanes wie bessere Qualität hintenanstehen.

Doch mittlerweile ist es deutschen Winzern erlaubt, auch die internationalen Rebsortenbezeichnungen auf das Etikett zu schreiben. Zum Beispiel Pinot Noir für Spätburgunder, Pinot Blanc für Weißburgunder oder eben Pinot Grigio für den Grauburgunder. Von dieser Regelung macht auch das Weingut Lother Gebrauch, dessen 2017er Pinot Grigio ich Ihnen heute vorstellen möchte.

Im Glas zeigt der Wein ein kräftiges Strohgelb. In der Nase baut er mächtig Druck auf und überzeugt mit einem rebsortentypischen Mix aus reifem Birnenaroma, sanften Honignoten und einer Note, welche an geröstete Haselnüsse erinnert. Auch erdige Anklänge und sogar etwas Lakritz schwingen mit. Vom Nasenbild her deutet vieles auf einen kräftigen Wein mit Fülle und Schmelz hin.

Doch dieser Eindruck täuscht ein Stück weit, da der Gaumenauftritt zwar durchaus von Kraft und einem gewissen Schmelz geprägt ist, aber ohne jegliche Wucht auskommt. Für seine moderaten 12 % Vol. Alkoholgehalt bietet der Lothersche Pinot Grigio ganz schön viel an geschmacklicher Intensität. Was mich sehr begeistert, ist seine lebendige Art am Gaumen. Die Säure verleiht eine gewisse Zitrus-Frische und balanciert den Wein wunderbar aus, denn es sind auch Ansätze zu einer öligen, breiter angelegten Art vorhanden. Im Nachhall zeigt er dann noch eine fabelhafte, ungemein würzige Note, welche sich mit den ebenfalls aufscheinenden, grauburgunder-typischen Honigtönen verbindet. Die Krone setzt dem Ganzen zusätzlich ein feines Walnuss-Bitterle auf.

Tempi passati. Heute kann der Gast einen Pinot Grigio bestellen und bekommt einen hervorragenden Grauburgunder aus Deutschland. Von wegen früher war alles besser.