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2007 „Sonnenfang“ Rotwein-Cuvée Spätlese trocken, im Barrique gereift, Obereisenheimer Höll

Weingut Krämer, Obereisenheim

Erwischt! Geben Sie es zu! Bestimmt haben Sie sich, als Sie den Jahrgang gelesen haben, eine oder sogar mehrere der folgenden Fragen gestellt: Ein acht Jahre alter Rotwein, ist der nicht viel zu alt? Kann man den überhaupt noch trinken? Oder ist das am Ende sogar ein Druckfehler? Die Antworten lauten der Reihe nach: nein, ja (sehr gut sogar!) und nein.

2007-hoell-cuvee-spaet-trockenDoch was verbirgt sich eigentlich für ein Wein hinter der ellenlangen Bezeichnung auf dem Etikett? Da es sich um eine Cuvée handelt, müssen folglich mindestens zwei Rebsorten beteiligt sein. In unserem Fall hat Winzer Gerd Krämer zwei Sorten aus der Burgunderfamilie, nämlich Schwarzriesling und Spätburgunder, miteinander vermählt und in Barriquefässern aus heimischer (Spessart-)Eiche reifen lassen.
Da die Amtliche Prüfnummer aus dem Jahr 2011 stammt, ist anzunehmen, dass der Wein mindestens zwei Jahre im Fass und ein Jahr auf der Flasche reifen durfte, bevor er in den Verkauf kam. Eventuell sogar volle drei Jahre im Fass. Da bewegen wir uns, was die Verweildauer im Holz betrifft, dann schon in Rioja-Reserva-Dimensionen.

Und genau an diesen Typus spanischen, holzfassgereiften Rotweins hat mich unsere Cuvée „Sonnenfang“ beim Verkosten auch erinnert. Hier fließt durchaus kein zarter und eleganter Burgunder ins Glas, sondern ein mittelkräftiger, eher maskuliner Rotwein. Die glanzhelle, granatrote Farbe wirkt für das Alter von mehr als acht Jahren relativ unverbraucht, sogar fast jugendlich. Die Nase ist ganz klar dominiert von den Aromen des Barriqueausbaus.
Waren die Holznoten in der Jugend möglicherweise etwas zu dominant, so haben sie sich jetzt gut in das Gesamtbild integriert und lassen den fruchtigen Noten von Sauerkirsche und Brombeere ausreichend Platz zur Entfaltung.

Am Gaumen sorgen die präsenten (Holz-)Tannine für Grip und Struktur. Ein Wein zum Kauen und Festbeißen, nichts für Eleganztrinker. Wer Nebbiolo in seiner eher spröden, oft sehr fordernden tannin- und säurehaltigen Art mag, ist hier genau richtig. Ich würde den Wein auch eher als Speisenbegleiter einsetzen. Zu Schmorgerichten wie Ochsenbäckchen mit einer gehaltvollen Rotweinsauce beispielsweise. Der Wein braucht auf jeden Fall viel Luft, um sich zu entfalten. Dekantieren zwei, drei Stunden vor Genuss kann nicht schaden.

2012 Merlot trocken Seinsheimer Hohenbühl – Ein Fränkischer Exot

Weingut Emmerich, Iphofen

Nachdem ich bereits im Juli letzten Jahres einen Merlot aus dem Frankenland vorgestellt hatte, kann man nicht von eine Premiere für diese in unseren Breitengraden recht exotische Rebsorte sprechen. Gerade einmal 8 Hektar werden von dem Reben-Global-Player in Franken kultiviert.

Aber ein anderer, wie ich finde, sehr bemerkenswerter Umstand trägt dafür sehr wohl zu einem Novum bei. Ob Sie es glauben oder nicht, dies ist der erste Wein nach über 70 Verkostungen, welcher mit einem Naturkorken verschlossen ist. Dies sagt sehr, sehr viel über die mittlerweile erreichte Marktakzeptanz des Schraubverschlusses aus. Das Weingut Emmerich verwendet zwar auch Schrauber für den Großteil des Sortiments, aber bei den hochwertigen Rotweinen eben (noch) nicht. Allerdings möchte ich an dieser Stelle auch gar keine Grundsatzdiskussion über Vor- und Nachteile von Verschlussarten vom Zaun brechen. Ich wollte lediglich diesen bemerkenswerten Umstand, welcher für sich spricht, mitteilen.

2012-hohenbuehl-merlot-trockenDoch was viel wichtiger als jedwede Verschlussart ist: wie präsentiert sich unser fränkischer Merlot im Glas? Die Trauben stammen aus der Lage „Seinsheimer Hohenbühl“ und sind im sehr guten Jahrgang 2012 gewachsen. Nach einer klassischen Maischegärung wurde der Wein im Holzfass gereift. Die glänzend granatrote Farbe macht unmittelbar Lust den Wein zu erkunden. Auch wenn wenig Verwechslungsgefahr mit einem klassischen Pomerol besteht, so ist die Nase durchaus charakteristisch. Neben einer sehr feinen, dunkelbeerigen Frucht mit dezenter Vanillenote, verschafft sich vor allem eine unglaublich tolle Würzaromatik in Kombination mit einer leichten Ledernote Aufmerksamkeit. Auch eine gewisse „Schokoladigkeit“, wie ich sie als sehr sortentypisch empfinde, schwingt mit.

Am Gaumen entwickelt der Wein dann einen fast schon beängstigenden Trinkfluss. Balance ist hier das Zauberwort. Die Tannine sind ultrafein, die Säure sorgt für Frische und die Frucht ist reif aber nicht überreif. Der Wein gleitet über die Zunge, betört mit seiner reintönigen Frucht und besitzt im Abgang genau das richtige Maß an Bitterstoffen, um nicht als weichgespült zu gelten. Das ist genau die Art von Rotwein, wo die Flasche viel zu schnell leer ist und man nochmals in den Keller stapfen muss um Nachschub zu holen. Außer man war vorausschauend und hat genügend bei Frankenweinliebhaber bestellt!

2013 Blauburger trocken

Weingut Lother, Wipfeld

Was uns Familie Lother hier kredenzt, fällt, zumindest was die Verbreitung der Rebsorte anbelangt, in die Kategorie „rarest of the rare“.
Der Blauburger stammt aus Österreich, wo er auch hauptsächlich angebaut wird, und gehört zu den älteren „Neuzüchtungen“. Er wurde bereits 1923 von Prof. Dr. Fritz Zweigelt an der Bundeslehr- und Versuchsanstalt Klosterneuburg aus Portugieser und Blaufränkisch gekreuzt. Wird er in seinem Heimatland immerhin auf ca. 1000 Hektar kultiviert, so sind es in Deutschland gerade einmal 3 Hektar, wovon volle zwei Hektar in Franken stehen.
2013-blauburg-trockenDie Sorte ist für mittlere Lagen geeignet und stellt geringe Ansprüche an den Boden.
Sie liefert in guten Jahren kräftige, dunkel gefärbte Rotweine mit an Beerenfrüchte erinnerndem Bukett. Unser Exemplar dieser äußerst seltenen Sorte stammt aus dem eher kühlen, nicht von Hochreife geprägten Jahr 2013. Von daher mag die nicht ganz so tiefe, kirschrote Farbe des Weines auch nicht überraschen. In der Nase fächert sich ein tolles beerig-fruchtiges Bukett auf mit Anklängen von Brombeere und Schattenmorelle. Die Komplexität wird aber noch gesteigert durch feine Gewürzassoziationen (Wacholder, Piment) und einen Hauch laktischer Noten.

Am Gaumen präsentiert er sich von mittlerer Statur. Die Tannine sind sehr sanftmütig und meinen es gut mit uns Weingenießern. Geschmacklich kommt die Säure wunderbar zum Tragen und verleiht Frische und Präzision im Trunk. Da ist nicht Breites oder gar Behäbiges, vielmehr wirkt der Blauburger von Familie Lother schlank und trinkig. Aber Sie kennen ja bereits meine Einstellung zu diesem Thema, falls Sie schon die eine oder andere Beschreibung von mir gelesen haben. Diese Art von frischen, leicht gekühlt zu servierenden Rotweinen eignet sich ganz ausgezeichnet als Speisenbegleiter, da sie nicht so schnell sättigen, sondern Lust auf den nächsten Bissen und dann wieder den nächsten Schluck machen und so fort.

Sehr gut kann ich mir bei diesem Wein die Kombination mit einem Freilandhuhn, nach mallorquinischer Art zubereitet, vorstellen.

2014 Riesling Spätlese Randersackerer Pfülben

Weingut Brand, Randersacker

Die 2014er Riesling Spätlese gehört zum „Premium Select“ benannten Top-Segment in der weingutsinternen Qualitätshierarchie und stammt zudem aus einer der fränkischen Spitzenlagen schlechthin, dem „Randersackerer Pfülben“.
Familie Brand legt „sehr großen Wert darauf, dass sich das Terroir in den Weinen widerspiegelt“.
2014-pfuelben-riesling-spaet-BBDies sollten eigentlich beste Voraussetzungen dafür sein, dass wir einen hochklassigen, fränkischen Riesling ins Glas bekommen.

Auf der einen Seite handelt es sich laut Etikett um eine Spätlese, welche allerdings nicht trocken ausfällt mit knapp über 13 Gramm Restzucker pro Liter. Andererseits weist der Alkoholgehalt von 14%vol. schon fast in Richtung Auslese was das Mostgewicht des Lesegutes anbelangt. Normalerweise haben solche Weine dann aber eher einen niedrigeren Alkoholgehalt und dafür mehr Restsüße.
Als Zwischenbilanz können wir also festhalten, dass es sich weder um eine trockene Spätlese, noch um eine süße Auslese handelt.

Bei ersten Riechen am Glas fallen sofort feine Honigtöne und eine rauchige, von der Botrytis (Edelfäule) herrührende, Note auf, welche dem Wein einen leichten Auslesecharakter verleihen. Neben der Frucht, welche eher in eine kandierte Richtung (Ananas, Zitrus) weist, finden sich auch noch pflanzlich-vegetabile Noten. Alle Komponeneten sind schön miteinander verwoben und bieten ein komplexes, ausgewogenes Nasenbild.

Am Gaumen kommt dann die rieslingtypische, von manchen Weintrinkern gefürchtete Säure zum Tragen. Spätestens jetzt ist Schluss mit Spekulationen auf einen Wein mit Auslesecharakter. Die prägnante, den Wein fast schlank erscheinend lassende Säure, verleiht ihm am Gaumen unzweifelhaft Spätlesecharakter. Man spürt den Restzucker zwar geschmacklich, aber durch die Säure als Gegengewicht wirkt der Wein supersaftig und trinkanimierend ohne sensorisch zu sehr ins Halbtrockene abzugleiten. Man hat fast das Gefühl in einen saftigen, rotwangigen, reifen Apfel mit betonter Fruchtsäure zu beißen. Vielleicht kennen Sie das ja, denn bei mir setzt dann unmittelbar der Speichelfluss ein und ich bekomme Lust auf den nächsten Schluck. Und vor allem auch Appetit. Diese Art von nicht ganz trockenen Riesling-Weinen eignet sich hervorragend als Speisenbegleiter zu asisatischer Küche. Eine Kokossuppe mit Zitronengras wäre sicherlich keine schlechte Wahl.

Lust bekommen? Dann gleich bei Frankenweinliebhaber bestellen!

2013 Chardonnay Spätlese halbtrocken Sommeracher Katzenkopf

Weingut Karl Braun, Nordheim

Der „Weltenbürger“ Chardonnay im fränkischen Exil, das allein entbehrt schon nicht einer gewissen Exotik. Aber dann auch noch als halbtrockene Spätlese … abgefahrener geht es aus meiner Sicht kaum noch, sind doch alle großen Chardonnays weltweit bedingungslos und ohne Ausnahme trocken ausgebaute Weine. Meine Vorfreude und gespannte Erwartung beim Öffnen der Flasche wachsen von Sekunde zu Sekunde. Wie wird sich ein solcher Wein, wo mir zugegebenermaßen ein Stück weit Erfahrungswerte und Vergleichsmaßstäbe fehlen, wohl präsentieren?

2013-chardonnay-spaet-htVon der Farbe her zeigt sich der Wein ungefähr so, wie man es von einer Spätlese aus dem Jahr 2013 erwarten kann: Ein helles Goldgelb mit leicht grünlichen Reflexen schimmert im Glas. Bezüglich der Fruchtaromatik werden meine Erwartungen an einen guten Chardonnay aus deutschen Landen mehr als erfüllt. In der Nase brilliert der Wein mit einem herb-exotischen Fruchtcocktail aus Physalis (Kapstachelbeere), Sternfrucht und einer Spur von Limette. Das Ganze wird durchzogen von einer feinen Würze und leicht rauchig-mineralischen Noten.

Am Gaumen schlagen die gut 13 g/l Restzucker nicht wie erwartet zu Buche. Der Wein schmeckt zwar nicht trocken, aber auch keineswegs halbtrocken. Eingefleischte „Trockentrinker“ sollten diesen Wein lieber meiden, aber alle anderen, etwas aufgeschlosseneren Weintrinker können sich ruhig einmal an diesen Exoten heranwagen.

Sein herrlich cremiger Schmelz verortet ihn ganz klar in der Burgunderecke. Auch geschmacklich kommt die exotische Frucht aus der Nase voll zum Tragen und wird durch einen feinen Säurekick sogar noch gesteigert.

Ich vermute an dieser Stelle, dass der Wein eigentlich durchgären sollte, aber die Gärung von alleine zum Stillstand gekommen ist. Solche „Betriebsunfälle“ ereignen sich mitunter und die betroffenen Winzer sind meistens nicht gerade glücklich darüber. Ich sehe das aber durchwegs positiv. Wenn Bacchus dies so gewollt hat, wer sind dann wir, den Willen der Götter anzuzweifeln? ¬– Zumal das Ergebnis ein toller Wein mit Exotenbonus ist!