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Archiv für den Monat: März 2017

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2015 Müller-Thurgau Kabinett trocken Dettelbacher Berg-Rondell

Weingut Bausewein, Iphofen

Frei nach dem Motto „Die fetten Jahre sind vorbei“, möchte ich Ihnen heute nach den üppigen Schwelgereien der nun hinter uns liegenden Weihnachtsfeiertage bewusst einen „Brot und Butter-Wein“ im besten Sinne vorstellen. Es handelt sich sozusagen um ein genießerisches Downgrade, um dem Alltag seine ihm gebührende Normalität zurückzugeben.

Und welcher Wein wäre dazu besser geeignet als unser fränkischer Müller-Thurgau? Ein schnörkelloser, ehrlicher Tropfen, welcher wunderbar zum Schöppeln einlädt, aber durchaus auch so manches Schmankerl aus der Kategorie Hausmannskost vortrefflich zu begleiten vermag. Ich denke da zum Beispiel an einen angemachten Camembert, eine Forelle blau oder „Müllerin Art“ oder ein knuspriges Schnitzel mit Kartoffelsalat.

Familie Bausewein aus Iphofen liefert uns mit ihrem trockenen Kabinett aus der Lage „Dettelbacher Berg-Rondell ein tolles Exemplar der Gattung ehrlicher, saftiger Müller. Zudem noch aus Bio-Anbau, welcher hier schon seit über 20 Jahren praktiziert wird.

Der Wein aus dem sehr guten Jahrgang 2015 zeigt sich im Glas hellgelb mit leichten Grünreflexen. Die Nase ist wunderbar reintönig und verbreitet geradezu frühlingshafte Frische. Zu den fruchtigen Noten von Ananas gesellen sich nämlich auch Düfte von frisch geschnittenem Gras und leicht kräutrige Anklänge, an erster Stelle wäre hier Waldmeister zu nennen. Das ist in der Tat sehr animierend und macht Lust sogleich den ersten, kräftigen Probeschluck zu nehmen.

Vom ersten Moment an überzeugt er mit Harmonie und Saftigkeit. Für einen Kabinett ist er zwar nicht ganz leicht, aber auch nicht zu konzentriert und schwer. Von der Frucht her finden sich am Gaumen hauptsächlich Anklänge von gelbem Apfel und Zitrusfrüchten. Was mir sehr gur gefällt ist die Strukturiertheit des Weines, welche auf eine leicht phenolische, Grip verleihende Note zurückzuführen ist. Ein kleines Restzuckerschwänzschen macht das Ganze schließlich rund und saftig am Gaumen. Die Säure ist reif und harmonisch. Das ist einfach Trinkspaß pur! Ich mache mir gar keine Sorgen um die Zukunft dieser vielgeschmähten Rebsorte, wenn nur genügend Weine so zu überzeugen wissen wie der trockene Kabinett von Familie Bausewein.

2015 Rieslaner Auslese Randersackerer Pfülben

Weingut Brand, Randersacker

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole. Ein wenig Lamentieren muss von Zeit zu Zeit erlaubt sein. Es ist ein Jammer mitverfolgen zu müssen, wie diese einzigartige, zudem aus Franken stammende Rebsorte, im wahrsten Wortsinne, immer weiter an Boden verliert.

1921 von Oekonomierat Dr. August Ziegler an der Bayerischen Landesanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Würzburg aus Silvaner x Riesling gekreuzt, kann sie in wenigen Jahren ihren einhundertsten Geburtstag feiern. Hoffentlich wird ihr dieses Jubiläum entsprechende Aufmerksamkeit und Interesse sowohl von Seite der Winzer, als auch der Konsumenten bescheren. Denn eines ist in jedem Falle gewiss: In den hohen Prädikaten, ab Auslese aufwärts, kann der Rieslaner seinen hochedlen Elter Riesling sogar überflügeln.

Heute habe ich nun die Ehre Ihnen ein absolutes Prachtexemplar vorstellen zu dürfen. Das Weingut Brand gehört zu den glücklichen Betrieben, welche in der Toplage des Ortes Rebflächen besitzen: dem Randersackerer Pfülben. Unter Experten ist es sogar unstrittig, dass es sich um eine der besten Lagen in ganz Franken handelt. Und genau dorthin hat Familie Brand wohlweislich ihre Rieslaner-Reben gepflanzt, denn die Sortenansprüche sind immens hoch. Das Ergebnis im Glas liefert den eindrucksvollen Beweis für die Größe dieser Rebsorte, sofern ideale Voraussetzungen, wie in unserem Fall, gegeben sind: hochedle Rebsorte, Top-Lage, Spitzenjahrgang und last but not least qualitätsbewusster Winzer.

Im Glas präsentiert sich die 2015er Auslese mit einem für diese Prädikatsstufe relativ hellem Strohgelb. Von den Werten her dürfte es sich sogar um eine abgestufte Beerenauslese handeln. Die Nase ist Rieslaner pur! Aus dem prall gefüllten Korb voller exotischer Früchte sticht eine reife Papaya mit ihren würzigen Untertönen hervor. Die Nase ist von kristalliner Reinheit und Brillianz. Die oft anzutreffenden Botrytisnoten hochgradiger edelsüßer Weine gehen diesem Elixier fast vollständig ab. Neben der ausgeprägten Exotik finde ich im Duft auch noch etwas, für mein Empfinden, sehr Sortentypisches: Anklänge von Rhabarber.

Und mit dieser nasalen Wahrnehmung können wir dann sogleich den Bogen zu den Geschmackseindrücken spannen. Meine Güte ist das gut! Man muss den Wein probiert haben, um es zu glauben. Das Süße-Säurespiel ist dermaßen ausgewogen und brilliant, dass man sofort den nächsten Schluck nehmen muss, weil man es nicht glauben mag. Am Gaumen findet sich auch geschmacklich der Eindruck von Rhabarber aus der Nase wieder in Form einer wunderbar prononcierten, animierenden Säure. Der Wein strahlt absolute Harmonie und Feinheit aus und wirkt keineswegs klebrig oder „sticky“ wie der Engländer sagen würde. Eine hochfeine, an Grapefruit erinnernde Bitternote trägt zu Spannung und Komplexität im langen Nachhall bei. Ich würde diesen großen Rieslaner-Wein am besten pur, aufgrund seiner appetitanregenden Säure gerne auch als Aperitif, trinken. Dieses echte Highlight meines Weinjahres ist zwar nicht ganz billig, aber unbedingt seinen Preis wert.

2015 Kerner Spätlese trocken „Alte Reben“ – Iphöfer Kronsberg

Weingut Bunzelt, Nordheim

„Alter“ Wein in neuen Flaschen. So oder so ähnlich könnte das Motto bei unserem aktuellen „Wein der Woche“ lauten. Der Wein, welchen ich Ihnen heute präsentiere, ist natürlich nicht alt, vielmehr stammt er aus dem momentan noch jüngsten, verfügbaren Jahrgang 2015. Die Moste der 2016er Ernte gären noch oder haben erst seit Kurzem ihre Gärung beendet und liegen meist noch auf der Hefe. Entweder im Holzfass oder im Stahltank.

2015-kronsberg-altereben-kerner-spaet-bbAlt sind nur die Rebstöcke von welchen die Trauben für diesen Tropfen stammen. Hier in Wein-Deutschland dürfen Reben im Schnitt ca. 25 Jahre ihre Dienste versehen. Da liegen die Bunzelt’schen Kerner-Reben im Kronsberg mit ihren 40 Jahren also deutlich darüber und gelten deshalb als „Alte Reben“. Die theoretischen Vorteile der Reben-Oldies sind von Haus aus niedrigere Erträge und tiefer reichende Wurzeln, welche für eine bessere Flüssigkeits- und Mineralstoffversorgung sorgen. In sehr heißen und trockenen Jahren leiden die Stöcke dann nicht so schnell unter Trockenstress und die bessere Mineralstoffaufnahme führt zu extraktreicheren Weinen. So die Theorie.

Das mit der neuen Flasche im Eingangssatz ist auch nicht wörtlich zu nehmen. Aber die Optik ist neu, denn mit dem 2015er Jahrgang hat Familie Bunzelt Ihre Etiketten einem Re-Launch unterzogen. Waren die alten Labels schlicht und eher herkömmlich gestaltet, so legt die neue Ausstattung mit ihrer auf Flächigkeit und grafische Wirkung setzenden Art ein deutliches Bekenntnis zur Moderne ab.

Aber noch viel wichtiger als die Optik ist natürlich der Inhalt der Flasche. Die Stunde der Gaumen-Wahrheit hat also geschlagen. Halt, stopp! Doch noch einmal zurück zur Optik! Die Spätlese von den „Alten Reben“ funkelt mit herrlich zitronengelber Schattierung im Glas.
Was erwartet man nun von einem Kerner aus „Alten Reben“? Vor allem mehr Tiefgang. Oft haben die Weine aus dieser Sorte zwar guten Alkoholgehalt aufgrund hoher Reifewerte, aber es mangelt bisweilen an Extrakt und Körper.

Die Nase duftet auf jeden Fall schon sehr vielversprechend beim ersten Hineinschnuppern in das Glas. Ein reifer, sehr reiner Ananaston tritt im Duft als Solist auf und wird von einer feinen Zitrusnote, welche eine gefühlvolle Hintergrundmusik bildet, begleitet. Auch auf dem Rückzug befindliche Hefenoten sind, quasi als Erinnerungsspuren der einstmals vollzogenen Gärung, noch wahrnehmbar.

Am Gaumen stellt sich, sobald man den ersten Schluck genommen hat, genau das ein, worauf ich gehofft hatte. Für einen Kerner besitzt die Spätlese vom „Iphöfer Kronsberg“ bemerkenswerten Extrakt. Das Mundgefühl ist von taktiler Art mit phenolischem Einschlag. Fast schon ein Wein zum Kauen. Am mittleren Gaumen kommt dann die Ananas-Zitrus-Frucht aus der Nase wunderbar zum Tragen. Der Wein reißt dann auch nicht ab, sondern bleibt sehr lange haften und entwickelt nach hinten hinaus eine wunderbar mineralische Ader, welche richtiggehend salzig ausklingt. Einer der besten Kerner meiner Weintrinker-Laufbahn!