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2020 Nordheimer Vögelein Albalonga Spätlese

Weingut Am Vögelein, Nordheim am Main

Ich erinnere mich noch gut an eine Weinprobe Ende der 1990er-Jahre im Haus des Frankenweins in Würzburg. Der Moderator der Probe war der damalige Leiter der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau in Veitshöchheim. Er kredenzte uns als feierlichen Abschluss der Probe eine gigantisch gute Albalonga Auslese aus der Parade-Lage Würzburger Stein und bekräftigte den besonderen Wert der Sorte mit folgender Aussage: „So lange ich etwas zu sagen habe, wird die Sorte Albalonga einen festen Platz in unseren Weinbergen haben.“

Schade, dass mit dem Staatlichen Hofkeller ausgerechnet jener Betrieb, welcher der Sorte über Jahrzehnte die Treue gehalten hat, diese scheinbar nicht mehr im Anbau hat. Immerhin feiert die Sorte dieses Jahr ihr 70-jähriges Jubiläum. Sie wurde 1951 an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau von Dr. Hans Breider aus den Sorten Rieslaner und Silvaner gezüchtet. In Franken wird sie nur noch auf ca. zwei Hektar angebaut, obwohl sie sozusagen ein urfränkisches Kind ist.

Aber zum Glück gibt es eine Handvoll Winzer, welche der Albalonga-Rebe die Treue halten und unbeirrt köstliche Tropfen, vorwiegend im Spätlese-Bereich und darüber, aus ihr keltern.

Es verhält sich nämlich ganz ähnlich wie bei ihrem Elter Rieslaner. Genau wie dieser zeitigt die Sorte nur bei ausreichender Reife, wir reden von Spätleseniveau aufwärts, gute Ergebnisse. Gelingt in besonderen Jahren eine edelsüße Variante, so handelt es sich oft um Spitzenweine, welche sogar dem Riesling den Platz auf seinem Thron streitig machen können. Kennzeichend für solche Albalonga-Kreszenzen sind ihre Ausdrucksstärke und die enorme Aromenvielfalt mit exotischen Noten.

Wir bewegen uns bei der 2020er Spätlese von Familie Schneider aus Nordheim zwar relativ gesehen, zumindest laut Etikett, auf dem Einstiegs-Level für Albalonga-Edelkreszenzen, aber was wir hier ins Glas bekommen, sorgt locker für Anflüge von Verzückung und Augenrollen. Zumindest wenn man restsüße Weine mag. Die Nase ist einfach herrlich. Exotik pur. Ein bischen ätherisch angehauchte Mango wird von herb-fruchtigen, exotischen Noten begleitet. Hier fallen mir in erster Linie Karambole (Sternfrucht) und Physalis ein. Für die Frische gesellt sich noch ein Spritzer Limettensaft dazu.

Am Gaumen wirkt dieser wunderbare Tropfen, der sich vom Mostgewicht her locker im Auslesebereich bewegt, trotz 53 g/l Restzucker überhaupt nicht klebrig süß. Zu diesem Umstand trägt in erster Linie die reife, Frische versprühende Säure bei. Mit 7,5 g/l liegt sie für meinen Geschmack im idealen Bereich. Das Süße-Säure-Spiel sorgt für einen Spannungsbogen und verhindert, dass sich ein vorschneller Sättigungseffekt einstellt. Geschmacklich dominieren eine saftige Maracujanote und eine vife Limettensäure. Der Nachhall ist beeindruckend lang und mir stellt sich beim Trinken die Frage, ob dieser wunderbar austarierte, saftige Tropfen überhaupt eine Begleitung benötigt oder ob man ihn nicht lieber mit einem Lächeln im Gesicht pur genießen sollte. Ich denke letzteres. Mit seiner verführerisch exotischen Art und der feinen Süße ersetzt er, zumindest im Sommer, locker jedes Dessert.